Das reformatorische Christentum in der Krise. Überlegungen zur christlichen Identität an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. [Von Jörg Baur]. - Taschenbuch

Der Göttinger Systematiker Jörg Baur bietet eine weiträumige Analyse der gegenwärtigen gesellschaftlichen, kirchlichen und theologischen Realität. In dieser Analyse zeigt er, daß an die Stelle der inneren Einheit der Kirchen, der Theologie, aber auch der Gesellschaft insgesamt eine Vielzahl von unvereinbaren Identitätsangeboten tritt. Selbstverständlichkeiten, die bisher Orientierung und einheitliche Identität stiften konnten, gehen dabei verloren. Die Reaktion auf derartige Anzeichen einer Krise ist weitgehend am Konzept interner Identität orientiert. Wenn allerdings eine stabile Identität nicht erhalten oder wiedergewonnen werden kann, kommt es zur völligen Aufgabe dieses Konzeptes in der kriterienlosen Bejahung des Pluralismus. Jörg Baur stellt diese Lösungsstrategien dem reformatorischen Verständnis von Identität gegenüber. Gemäß Luther ist auch in Gott keine ursprüngliche, immanente und selbständige Stabilität gegeben, sondern Identität ist nur im Vollzug von Kommunikation möglich: Nur in der wechselseitigen Hingabe der drei Personen ist Gott in sich einer. Er erweist sich nur in der Vielfalt von Begegnungsweisen (in Gesetz, Evangelium, und als allwirksame Macht) dem Menschen als der eine. Christus ist nur in der wechselseitigen Gemeinschaft Gottes und des Menschen eine Person, und der Sünder ist nur 'extra se' gerecht. Identität hat das Geschöpf nicht aus sich selbst, sondern gewinnt sie nur in der Kommunikation mit diesem Gott in Christus. Deshalb muß jeder Versuch scheitern, interne Identität außerhalb dieses Vollzuges zu schaffen. Jörg Baur bietet diesen Grundzug reformatorischer Theologie als Deutung für eine Gegenwart an, die in der 'Krise der Neuzeit' nur den Folgen des auch innerkirchlichen Verlustes dieser Einsicht ausgesetzt ist. TML>